F.R.O.H. lockt … zum fröhlichen Krippenspiel
Kommet ihr Hirten …
Hirten? Müsste es nicht eigentlich „Hirten und Hirtinnen“ heißen? Und – ist es nicht an der Zeit, das Berufsbild des Hirten/der Hirtin differenzierter zu betrachten? Wäre vielleicht die
Bezeichnung „Schafsbusen-
masseurInnen“ nicht adäquater?
Kommet ihr Schafsbusen-
masseure und -innen!
Weihnachtslieder und -geschichten neu interpretiert! Das Duo F.R.O.H. begibt sich zu den Anfängen christlicher Weihnachts-Traditionen und hinterfragt mit den modernen Mitteln der Psychoanalyse
schonungslos die komplizierten Beziehungsgeflechte zwischen Josef, Maria und dem Jesu-Kindlein, Esel und Ochsen und natürlich den Asylanten aus dem Morgenland.
Ein vergnüglicher Abend mit zwei Stimmen, zwei Gitarren und einer zeitgemäßen Rolleninterpretation die für Lieder sorgen, die Ihnen zwar bekannt vorkommen, die Sie so
aber sicher noch nicht gehört haben werden.
Fürchtet euch nicht!
Und das sagt Markus Freiler vom Kulturfokus:
F.R.O.H. schaffen mit diesem Programm den Spagat einerseits bissig-satirische Weihnachtslieder darzubieten, und andererseits doch so etwas wie vorweihnachtliche Stimmung zu erwecken. Mit diesem Weihnachts-Special helfen sie dem Publikum dem vorweihnachtlichen Wahnsinn zu entkommen, ist es doch nicht nur dabei, sondern mittendrin!
Fotos © www.bernhardschramm.com
Und hier die ganze Kritik von Markus Freiler
Sabine Kunz und Rainer Obkircher riefen, „Ihr F.R.O.H.-Fans kommet ins Café Kreuzberg, oh kommet doch all!“ Als Edelfan war es für mich selbstverständlich dem „Krippenspiel der etwas anderen Art“ beizuwohnen. Was ich bei diesem interaktiven Weihnachtsspecial erleben durfte, war wirklich zum „Frohlocken“!
Wer also meint, er könne sich bei diesem vorweihnachtlichen Adventspiel gemütlich in die vorhandenen Fauteuils zurücklehnen, der irrt. Bevor es an die Rollenverteilung unter den Zuschauern geht, werden diese über die zu spielenden Rollen gebrieft. Die angehenden Akteure werden mit so wichtigen „Tools“ wie Melodien und historischen „Facts“ über die Figuren gerüstet, um sich in diese besser hineinversetzen zu können.
Kunz und Obkircher animieren die Schauspielaspiranten, die gegenwartsbezogenen Charakterzüge der Figuren des Krippenspiels zu entdecken. F.R.O.H. geben diesbezüglich wertvolle Deutungshinweise, welche an Originalität kaum zu überbieten sind:
Der Esel sei das F1-Auto der Antike gewesen, schon damals habe es germanische und iberische Ausführungen gegeben. Der Ochse sei als metrosexuelles Wesen mit gelbem EU-„Flinserl“ im Ohr anzulegen. Maria entpuppe sich als „Emanze mit klaren Vorstellungen“. Die Niederkunft Christi im Stall habe sie bewusst als „Geburt im Heubad“ gewählt. Blasphemisch wird es, wenn Maria das Jesuskind am Spielplatz maßregelt, er solle vom Kreuz herunterkommen. Josef wird als bekiffter Vater entlarvt. Die Hirten seien, politisch korrekt, nicht mehr länger als solche zu bezeichnen, sondern als „Schafsbusenmasseure“. Die Heiligen 3 Könige könnten in Wirklichkeit die 3 Weißen aus dem Magenland gewesen sein: Asylanten, welche, neben Döner, Falafel und Sushi, die Droge i-Rauch als Gabe mitbringen. Die Engerln werden als Supermodells in geilen Klamotten gedeutet, deren Hirn nur voll mit fluffigen Wölkchen seien.
F.R.O.H. liefern mit umgetexten (aktualisierten) Weihnachtsliedern Interpretationsanleitungen zu den darzustellenden Figuren. Kunz und Obkircher greifen, erstmalig in einem Programm, zu Gitarren, sei es elektrisch oder akustisch. Anfangs ist Obkirchers Gitarre zwar noch etwas „vergrippt“, und er will die Gitarrenverstimmung als jazzig verkaufen, als jedoch Kunz verstimmt reagiert, kuriert er sein Instrument und ihr zweistimmiger Gesang, klingt dann wieder stimmungsvoll. Lange Rede, kurzer Sinn: Es ist durchaus ein Gewinn, wenn die beiden in die Klampf’n hau’n!
Das Line-up umfasst folgende Gesanglichkeiten: Zufall oder nicht, ist der Opener „Oh Du FRO(ö)Hliche Weihnachtszeit“ Der Text dieses Lieds wird zur Ode an das Auto als verlängertes männliches Genital transformiert. Zu den Klängen von „Rudolph, the Red-Nosed Reindeer“ wird das Los des Bio-Ochsen beschrieben. „Still, Still, Still“ führt uns die Folgen des ewigen Stillens vor Augen. „Es Wird Scho Glei Dumpa“ wird zu „Das Tütchen brennt runter“ verunglimpft, womit der Refrain wohl eher „high, high, high, high“ geschrieben werden muss. Der Refrain von „Hallelujah“ verkommt im Falle der Windeln des Christkinds zu „Ist nur Lul da“. Der Ohrwurm „Feliz Navidad“ mutiert zum Lied über den Fastfood-Gaumengenuß. In „Aber HEID(I)schi KLUMbeidschi“ wird das Los der Hungermodels auf den Punkt gebracht: Es ist zum Kotzen…
Im Grande Finale wird nun dieses Krippenspiel als interaktive Performance uraufgeführt. F.R.O.H. inszenieren und leiten ein Werk, welches sich dem Dadaismus verpflichter fühlt, kommt es doch mit nur wenigen Lauten aus, wie „Ia!“, „Muh!“, „Gutschi, gutschi!“, „Braver Bua!“, „Jojojo-mäh!“, „Döner.Falafel,Sushi!“, „´Hallelujah!“ und „Aah!“ aus. Das Publikum war von sich und F.R.O.H., ob der erbrachten Leistung begeistert.
Fast besinnlich kitschig lassen Kunz und Obkircher diesen stimmungsvollen Abend ausklingen, wenn sie „Stille Nacht“, mit ihrer F.R.O.H.-Gemeinde anstimmen. Aber eben nur fast, endet doch diese Weihnachtsnationalhymne bei F.R.O.H. mit entarteten Strophen, in welcher Oma das Hörgerät abschaltet, um von der tobenden Enkelschar himmlische Ruh’ zu haben.
F.R.O.H. schaffen mit diesem Programm den Spagat einerseits bissig-satirische Weihnachtslieder darzubieten, und andererseits doch so etwas wie vorweihnachtliche Stimmung zu erwecken. Mit dem interaktiven Charakter dieses Weihnachtsspecials helfen sie dem Publikum dem vorweihnachtlichen Wahnsinn zu entkommen, ist es doch nicht nur dabei, sondern mittendrin!
Für den Kulturfokus: Markus Freiler